#10 Lebensweisheiten meines ältesten Gastes

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Heute erzähle ich euch von einem Gast, der mir durch seine Lebensweisheiten persönlich sehr ans Herz gewachsen ist und der mein bisheriges Verständnis vom Domina-Dasein völlig revolutioniert hat.

Durch dieses Dasein und das Arbeiten gibt es natürlich, wie in jedem Beruf, Alltäglichkeiten, die man so macht und die am Ende zum Arbeitsalltag gehören. Ich schaue mir diese ganze Welt jetzt seit ca. einem halben Jahr an und bin immer noch fasziniert, welchen Menschen ich begegnet bin und was diese Begegnungen mit mir gemacht haben.

Grundsätzlich sind da die Dinge, die man dann immer mal wieder tut und die immer wieder vorkommen – nennen wir es Arbeitsalltag. Auch das, was die Gäste so möchten. Jeder ist natürlich eigen, aber so manche Dinge wiederholen sich dann doch öfter.

Und dass ich dann mal einem Menschen begegne, der alles ein bisschen durcheinanderbringt, das hat mich sehr erfreut. Aus privaten Gründen kann er jetzt nicht mehr zu mir kommen, aber ich möchte gerade deshalb eine kleine Hommage für ihn machen, weil es einfach so cool war, was er mit mir gemacht hat, was wir gemacht haben, und was er mir alles mitgegeben hat. Nicht nur die Eltern/Bezugspersonen dienen als Vorbild – manche Gäste sind es auf jeden Fall auch.

Lebensweisheiten im Domina Studio

Denn man muss sich vorstellen: Der Werdegang ist ja der, dass man oft auch spontan Gäste bekommt. Und der Moment des Türöffnens ist immer der Moment der Momente. Man weiß nie, was einen erwartet, wer einen erwartet und was er oder sie möchte.

Dementsprechend geh ich da immer mit einer gewissen Spannung und mit großem Respekt rein. Aber eben immer fröhlich und offen, weil der erste Eindruck ja nun mal immer der entscheidende ist, sowohl von meiner Seite als auch von der anderen. Und da mich die Gäste meistens so schön anstrahlen und ich ja auch immer total neugierig und aufgeregt bin, tue ich das auch.

Im ersten Moment dachte ich: Moment, will er jetzt ernsthaft mit mir eine Session machen? Denn da stand ein doch recht ins Alter gekommene Herr. Ich will mir nicht anmaßen, da ein gewisses Alter zu sagen, aber so über 70 war er schon. Ach, das war so ein Moment, der mir noch lange in Erinnerung bleiben wird. Allein schon diese Cordhose – so wie mein Opa damals.

Er grinste mich so freundlich an, was im ersten Moment schon sehr positiv war, aber natürlich auch entsprechend verwirrend. Was macht man denn nun mit der Situation? Respekt, habe ich mir gedacht, wenn er das noch hinbekommt. Speziell die Kommunikation mit seinem Geschlechtsteil und die Widerworte von dem selbigen in diesem Alter. Aber mal gucken. Vielleicht ging es ja auch gar nicht darum.

Lebensweisheiten

Mit 75 Jahren, da fängt das Leben an. Auch eine Lebensweisheit

Erstes Gespräch. Da haben wir schon gar nicht so viel darüber gesprochen, was in der nächsten halben Stunde passieren soll. Er hat mich direkt vieles über mich gefragt und was ich hier so machen würde. Und dieses ganze Gast-Domina-Ding war irgendwie von Anfang an gar nicht da. Es war natürlich klar: die nächste halbe Stunde werden wir eine Session machen, wie er sie sich vorstellt. Aber es war von Anfang an alles ein bisschen komisch und anders als sonst. Wir hatten unseren Raum gefunden und ich wusste, er möchte im Stehen gefesselt werden. Mehr war da auch eigentlich gar nicht wirklich besprochen worden.

Jetzt ging es ja in der ersten Session erstmal darum sich kennenzulernen, zu beschnuppern. Ich wusste, was ich zu tun habe. Mit dieser Einstellung ging ich also in den Raum ließ den Dingen ihren abgesprochenen Lauf. Fesseln, Spreizstange, was auch immer da so gewünscht wurde. Aber weit gefehlt. Denn eigentlich war es eher eine Schulstunde für mich. Er hat mir tatsächlich gesagt, was ich genau zu tun habe. Wie möchte er gefesselt werden, wo müssen die Seile überall durch welche Ritzen durch, und überhaupt.

Und währenddessen haben wir uns einfach die ganze Zeit unterhalten. Da ging es gar nicht um sexuelle Fantasien, die verbal kundgetan werden sollten; wir haben uns über Gott und die Welt unterhalten. Über das Leben von uns beiden.

Die Session war von Anfang an eher ein Beiläufer

Warum ich diesen Menschen niemals vergessen werde, entstand aus folgender Situation: ich hatte ihn soweit – die Hände mit einer Spreizstange hinter dem Rücken zusammengebunden, die Hoden abgebunden mit einem Seil und was ich da alles beigebracht bekommen hatte, hatte ich vollzogen. Und auf einmal stehen wir da, unterhalten uns und sein Handy klingelt. Es passiert öfter, dass man solch eine Art Vibrieren innerhalb einer Session hört, also außerhalb des Gastes. Aber ich ignoriere das eigentlich immer. Komischerweise passt es ja in dem Moment nicht, wenn ein Handy klingelt… Aber in dem Moment sagte der Mann zu mir:

Tu mir mal das Telefon, das ist meine Tochter

Moment. Und jetzt muss man sich das bitte einmal von einer Meta-Ebene vorstellen. Da hätte ich auch wieder super gerne eine Kamera gehabt, um unser beider Situation zu filmen. Da steht ein nackter alter Mann, gefesselt, geknebelt, und bereit für die Session, und ich halte ihm das Telefon ans Ohr, weil seine Tochter anruft.

Während er mit ihr gesprochen hat, stand ich da und habe wirklich gedacht: oh mein Gott. Das ist jetzt eine Situation, die müsste man einfach filmen, allein da würde man Kohle ohne Ende machen mit, weil das einfach so eine kuriose Situation war. Ach war das schön.

Naja, auf jeden Fall war das Gespräch dann zu Ende und ich war völlig raus, komischer Weise. Das habe ich ihm dann auch kundgetan, denn wenn irgendwas gerade nicht wieder ging, waren es sexuelle Fantasien zu erfüllen. Ich musste ihm sagen, dass das gerade so extrem witzig für mich ist und ich gerade schwerst wieder in diese Session-Situation zurückfinde. Aber er fing dann direkt wieder an über seine Themen zu sprechen, von seiner Tochter zu erzählen und am Ende dieser halben Stunde wusste ich über sein halbes Leben Bescheid.

Das Ganze war einfach nur kurios, aber total sympathisch und alles super. Wir haben uns weiter unterhalten, während er sich wieder anzog und dann ging er wieder. Und so liefen die Sessions ab. Klar, seine Tochter hat nicht immer angerufen.

Aber es war immer so, als hätten wir uns zum Kaffee getroffen und währenddessen so ein bisschen Ringelpiez mit Anfassen, im wahrsten Sinne, gemacht.

Das hatte nicht so viel mit dem eigentlichen Alltag einer Domina zu tun. Von daher werde ich diesen Mann nie vergessen. Denn allein schon die Situation an sich war schon einmalig und sehr prägend.

Aber trotzdem, viel wichtiger ist und war und wird auch bleiben: was hat dieser Mann mir eigentlich gezeigt?

Lebensweisheiten: nimm nicht alles so ernst!

Ich habe da ganz oft drüber nachgedacht, warum dieser Mensch mir jetzt begegnet ist. Im Nachhinein wurde mir bewusst, dass er mir schon sehr essentielle Dinge mit auf den Weg gegeben hat. Und auch wenn es ziemlich komisch klingt, wirkte es teilweise so, als wäre ich tatsächlich seine Tochter oder Enkelin. Was waren das für allgemeingültige Weisheiten?

Als erstes, dass man nicht alles so ernst nehmen soll. Ich meine, wie kann man auch irgendwas ernst nehmen, wenn sowas passiert wie mit seiner Tochter. Krasser, passender, unpassender, witziger, hätte es einfach nicht sein können, als in dieser Situation dem Mann das Telefon ans Ohr zu halten.

So wie er damit umgegangen ist, war so wahnsinnig locker und selbstverständlich für ihn. Auch als er aufgelegt hat, sagte er ganz plump: „leg das mal dahin, dann können wir weitermachen. Jetzt ist alles gut. Ich musste da mal eben was klären.“ Das hat alles so relativiert. Diese Aufregung, die ich ja immer noch habe, und die ich wahrscheinlich auch immer haben werde. Die war komplett verflogen, alles war einfach in dem Moment in Ordnung und schön und okay. Und dass man eine Situation als gegeben ansehen muss, selbst das hat er mir in dem Moment mehr als deutlich gezeigt.

Die Situation war wie sie war und was soll man sich da jetzt groß verwirren lassen? Einfach weitermachen. Genau.

 Lebensweisheit

Lebensweisheiten: es gibt keine Grenzen in den Möglichkeiten!

Was der Mann mir auch ganz offenkundig gezeigt hat ist, dass es überhaupt keine Grenzen gibt. Sei es im Alter oder in der Vorstellungskraft, in der Fantasie. Er hat den Altersdurchschnitt auf jeden Fall gesprengt von den Gästen her, aber umso besonderer war das.

Generell habe ich mich eigentlich nie gefragt: wo ist denn eigentlich die Grenze bei BDSM? Ich dachte, das wird man ja irgendwann rausbekommen, ab welchem Alter man dann doch nicht mehr den Weg zum Domina-Studio sucht. Aber offensichtlich ist diese Grenze weit nach hinten gesetzt.

Und abgesehen von diesem witzigen Teil dieser Session war es auch was ganz, ganz Tolles, dass dieser Mensch mich gesehen hat. So komisch es auch klingt, aber er hat mich sehr, sehr viel über mich gefragt. Über meine Familie, über mein Dasein, was ich so mache. Auf subtile Art und Weise hat er tatsächlich sehr, sehr viel über mich erfahren dürfen.

Und ich hatte überhaupt keine Scheu, ihm zu erzählen, wer ich bin, was ich eigentlich mache, was mein Ziel ist, wo ich hinmöchte. Man darf es eigentlich gar nicht aussprechen, aber irgendwie war es so, als wäre er mein Opa, der mich gerade auf dem Schoß hat und mir Lebensweisheiten vermitteln will.

Lebensweisheiten: Bleib´dir selbst treu!

Was für mich dann ganz toll war, war, als er gesagt hat, dass man sich selbst treu bleiben muss. Ich bin ein Mensch. Und viele Dinge hinterfragt man an gewissen Punkten ja doch mal. Ist das korrekt? Ist das richtig? Soll ich das tun? Soll ich das nicht tun?

Engelchen und Teufelchen sind da sehr präsent.

Und er hat mir gesagt: Kind, bleib dir einfach treu, das was du tust ist gut. Du hast nur dieses eine Leben. Was willst du denn hier deinen tristen Alltag erleben, wenn du es nicht musst.

Lebensweisheiten: Du hast immer die Wahl!

Du kannst dich damit abfinden, dass du sämtliche Anforderungen der Gesellschaft oder der Menschen entsprichst und erfüllst. Oder du kannst sagen: Nee, ich möchte aber so sein wie ich möchte und bin. So wie du möchtest, sagt er, machst du jetzt gerade. Und das ist auch gut so. Dazu diese Neugierde. Auf diese natürliche Art und Weise, wie ich das mache, sei für ihn total schön gewesen.

Kurzer Exkurs dazu: in der ersten Session kam ich natürlich entsprechend rein, gekleidet wie man das so erwartet. Und das erste, was er sagte war: zieh mal diese komischen Schuhe aus. Das sieht ja furchtbar aus und du tust dir ja weh an den Knöcheln…. Das war so süß. Dann habe ich eben barfuß weitergemacht. Was willst du da auf solchen komischen Stöckeln da? Zieh dat ma us, tu dat ma wech. So redete er.

Lebensweisheiten: Sei spendabel!

Ein letzter Punkt: er hat mir von seiner Tochter erzählt, dass sie ein paar Schwierigkeiten hat und er auch einen schweren Anfang hatte, sich aber dann was aufgebaut hat. Er sagte mir:

Kind, das Wichtigste ist, du musst geben können. Und du musst gerne geben können.

Nehmen wir mal diesen Lebensteil von mir als Domina. Natürlich muss ich gerne geben können. Denn offiziell gesehen muss ich nehmen, aber ja, ich gebe gerne. Allein schon, weil die Gäste in mir ja auch was sehen und hoffen, dass sie durch mich was erfüllt bekommen. Ich liebe es, das zu geben, was sie dann da so brauchen. Und auch bei dem Gast jetzt war es immer so schön das ganze Szenario und den Werdegang zu beobachten. Er hat mir auch viel gegeben durch Zuhören, durch Fragen stellen, durch Tipps geben, durch diese ganze Kuriosität der Situation jeweils. Er sagte, dass ich das beibehalten und auf den Alltag ausweiten soll.

Man muss gerne geben können, erst dann kann man auch glücklich mit sich selbst sein.

Ihr könnt sicher erkennen: das waren psychologisch hochgradig interessante Themen, die wir da hatten.

Er hat mir auf seine Weise gezeigt, dass ich auf jeden Fall neugierig bleiben muss, natürlich sein muss und bleiben soll. Und er hat zu mir gesagt: Nur so findest du die unentdeckten Seiten an dir. Und die würden mir den Weg dann auch zu mir selbst zeigen. Das ist der Satz der Sätze gewesen, der mich sehr, sehr motiviert hat und auch immer noch tut. Ich danke diesem ins Alter gekommenen Herrn, dass er mir so viel gezeigt hat und ich ihm auch so meine Welt zeigen konnte. Da sind zwei Welten aufeinandergetroffen, die jetzt seitdem so in der Form nie wieder aufeinandergetroffen sind.

Und dass er mir durch sich selbst gezeigt hat, dass es auch solche Gäste geben kann, das macht es umso wertvoller.

Vielleicht findet ihr euch ja wieder. Und vielleicht könnt ihr auch so ein paar gute Ratschläge von meinem Gast mitnehmen. Ich tue es auf jeden Fall. So hat man dann auch mal eine alternative Art und Weise entdeckt, solche Ratschläge oder solche Lebensweisheiten mit auf den Weg zu bekommen.

Nehmt gerne was daraus mit. Ich würde mich freuen.

Ein paar Schlagwörter

Warum macht sie das?

  • aktuell: BDSM greifbarer machen
  • Ermutigen auch einen Blick über euren Tellerrand zu wagen

Wie macht sie das?

  • Ausbruch - neue/alternative Wege gehen
  • Motivation und Inspiration durch Menschen, Momente und nimmersatte Neugierde

Womit macht sie das?

  • Mit Geschichten aus dem wahren Leben.
  • Mit eigener Erfahrung, die sie euch zu Nutze macht.
  • Mit knallharter Wahrheit und derzeit jeder Menge Fakten über die schwarz-bunte Welt der BDSM Szene