#77 Geschäftsfrau und Sub – selbst ist die Frau Teil 1

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Geschäftsfrau und Sub zu Gast bei Nika. Lena hat ihr eigenes Unternehmen für Fetischutensilien und führt parallel eine 24/7 DS Beziehung. Selbst ist die Frau. Es folgt ein wunderbares Beispiel…

Nika:                   Hallo Lena, ich freue mich, dass du da bist.

Lena:                   Hallo Nika, vielen Dank für die Einladung. Ich freue mich auch, dass ich da sein kann.

Nika:                   Sehr schön. Bevor wir genauer darauf eingehen, mit was Tollem du dich selbstständig gemacht hast und was du so in deiner Freizeit machst, holen wir die Hörer doch am besten einfach erstmal ab und erklären, wie wir zueinander gefunden haben. Magst du einfach mal erklären?

Lena:                   Sehr gerne. Und zwar hat mich vor einiger Zeit ein Gast von dir angeschrieben und mich gefragt, ob ich ihm vielleicht ein ganz spezielles Set an Halsband und Manschetten anfertigen kann, weil er es für eine Freundin von sich bräuchte, die einen Podcast macht. Zu dem Zeitpunkt habe ich noch gar nicht gewusst, für wen das wirklich ist und habe ihm gesagt, er solle mir einfach mal beschreiben, was er haben möchte. Dann kam er mit deinem Logo daher und hat gesagt: Das ist für Nika Macht, die macht einen BDSM-Podcast.

Da bin ich mal hellhörig geworden. Irgendwo hat das schon mal bei mir geklingelt. Aber ich habe deinen Podcast bis dahin noch gar nicht gehört gehabt. Dann habe ich parallel zu der Tatsache, dass ich eben dieses Set angefertigt habe, auch angefangen, deinen Podcast zu hören und war total begeistert. Das Set ging dann an deinen Gast raus und er hat es ja dann an dich übergeben. Ich glaube, vielleicht erzählst du schnell fertig.

Nika:                   Ja, genau. Also ich war hin und weg. Ich habe wirklich gedacht: Wahnsinn, dass er erstmal auf die Idee gekommen ist, vielleicht an dieser Stelle. Er hört es bestimmt. Vielen Dank nochmal. Er hat mir das gegeben, so völlig aus dem Nichts heraus, und ich denke: He? Ich habe noch gar nicht Geburtstag. Was ist da los? Ja, er hat mir das gegeben und ich dachte: Das ist ja der Hammer.

Ich werde das auf jeden Fall auch posten, das Foto davon. Du hast das ja auch so schön drapiert. Ich wusste im ersten Moment gar nicht, was das jetzt ist. Klar, an sich schon, was das für Utensilien sind. Aber so, wie er darauf gekommen ist und wie das auch verarbeitet wurde, das waren gleich mal so Utensilien, die man so in der Farbkombination und auch in der Qualität noch nie gesehen hat. An dieser Stelle kann ich dir schon mal sagen, das ist echt der Hammer.

Lena:                   Vielen Dank!

Nika:                   Ja, du hast ja das Logo da auch so draufgestanzt, würde ich sagen. Das kannst du mir nachher mal erklären, oder uns, wie du das machst. Ich hab’s ihm dann auch direkt alles anlegen müssen. Ich musste das sehen. Da war für mich klar: Erstmal muss ich Danke sagen, und vor allem muss ich mal im Detail mit dir darüber sprechen. Eine Frau, die sowas macht, und mit so viel Liebe, mit der musste ich einfach reden. Wir müssen nachher auch nochmal drüber sprechen zum Thema Frauen und BDSM. Das ist immer sehr, sehr spannend. Wir müssen nur gucken, Lena. Ich hatte ja schon mal ein Interview mit einer Lena, und irgendwie fangen sie alle mit L an. Das ist echt spannend.

Lena:                   Das stimmt. Aber das schaffen wir schon.

Nika:                   Ja, auf jeden Fall. Von daher, so kamen wir zueinander. Ich bin immer noch hin und weg. Ich freue mich darauf, wenn wir uns dann mal ausleben dürfen, wenn Corona mal vorbei ist. Einmal sporadisch ausprobieren. Aber total toll. Da hatte ich Spaß.

Lena:                   Ich freue mich, dass es bei dir auch so gut angekommen ist. Wir haben ein bisschen herumgetüftelt, dein Gast und ich, wie wir das mit dem Logo machen, die Farben und so. Und es freut mich, dass dann das Endergebnis für dich super war.

Nika:                   Ja, total. Lass uns gerne mal ein bisschen über dich sprechen und über deine Manufaktur. Erzähl doch mal. Wer bist du denn? Wie bist du dazu gekommen, diese Manufaktur zu gründen?

Lena:                   Okay, ich versuche, das jetzt nicht allzu sehr ausarten zu lassen, weil da ein bisschen Geschichte dahinter ist. Ich bin die Lena, das haben wir schon geklärt. Bin 29 Jahre alt, und ich habe Anfang 20 quasi meine Liebe für BDSM entdeckt. Ich habe davor zwar schon gewusst, da ist irgendwas. Aber ab diesem Zeitpunkt habe ich das wirklich benennen können. Zu dem Zeitpunkt habe ich auch gerade eine Ausbildung gemacht zur Schneiderin, weil damals mein Plan noch war: Ich könnte ja irgendwie ganz coole Kleider nähen. Dann mache ich mich als Designerin selbstständig. Das hat alles ganz toll geklungen.

Das habe ich auch gemacht. Und nebenbei, dadurch eben, dass ich angefangen habe, BDSM auch auszuleben, habe ich für mich und meinen damaligen Partner begonnen, die mir anzufertigen. Damals noch ganz simpel und mit den Möglichkeiten, die ich hatte. So ist das dann irgendwie langsam vor sich in gewachsen. Die Sachen sind natürlich schöner geworden. Wir waren auch recht Szene-aktiv. Das heißt, es sind Leute auf mich zugekommen und haben gesagt: Oh, Lena, das ist aber hübsch. Kann ich sowas auch haben? Darüber hinaus hat sich halt entwickelt, dass ich, gerade im Freundeskreis, angefangen habe, Sachen einfach zu verkaufen. Und daraus ist dann einmal eine Website entstanden, wo man die Sachen anschauen konnte. Dann war mein erster Messebesuch. Das war super aufregend und ist furchtbar schief gelaufen.

Nika:                   Oh, was ist passiert?

Lena:                   Das war damals keine Fetisch-Messe, sondern eine Erotik-Messe. Da war einfach das Publikum ein anderes, würde ich sagen. Wenn man heute auf diese großen Fetisch-Messen geht, BoundCon, Passion und Obscene, das sind die, auf die ich fahre, dann kommt das Publikum da rein und weiß, um was es geht. Das ist halt eine BDSM-Messe, und du wirst dort Fetisch-Sachen sehen. Auf dieser Erotik-Messe, auf der ich damals war, war das halt nicht so. Da war sehr viel Sex-Spielzeug, auch viel in einem sehr niedrigpreisigen Bereich. Da bin ich hingefahren, damals halt Anfang 20, unheimlich schüchtern, mit eher höherpreisigen, handgemachten Fetisch-Sachen, und ich war einfach völlig fehl am Platz.

Nika:                   Sowas muss doch mal sein, oder? Solche Erlebnisse.

Lena:                   Absolut. Ich dachte: Oh Gott, ich fahr nie wieder auf Messen. Bis mir damals die BoundCon ans Herz gelegt wurde. So hat sich das dann entwickelt. Dann war ich das erste Mal dort, und das ist natürlich klarer Weise viel, viel besser gelaufen, weil die Leute da mit einer anderen Erwartung hingehen. So ist Penumbra eigentlich nebenbei gewachsen. Ich hatte eigentlich eine Schneiderei für Hochzeitskleider. Das war so mein Hobbystandbein. Ich habe nicht gedacht, dass ich davon leben kann. Es ist halt Handarbeit. Brauchen das überhaupt so viele Leute? Wollen das so viele Leute? Die Zweifel, die man halt am Anfang mit sich herumträgt. Aber wie man sieht. Also mittlerweile habe ich die Schneiderei geschlossen. Ich mache nur mehr das. Es ist einfach unglaublich, wie cooles Feedback man kriegt.

Nika:                   So kommt man dann zusammen.

Lena:                   Genau, so ist es.

Nika:                   Jetzt hast du Kontakt mit Dominas. Du hast den Namen gerade schon gesagt: Penumbra. Was bedeutet das? Wie bist du dazu gekommen?

Lena:                   Auch das ist eine kleine Geschichte. Ganz am Anfang, als ich das Unternehmen gegründet habe, hat es noch Unartig geheißen. Ich war halt jung und hab das irgendwie cool gefunden. Was ich nicht wusste ist, dass sich ungefähr zum gleichen Zeitpunkt eine Korsettschneiderei oder Schneiderei in Deutschland gegründet hat, die auch Unartig hieß. Wir haben das irgendwie relativ parallel im Abstand von sehr wenigen Monaten gemacht. Das heißt, ich habe sie damals nicht gefunden, wie ich gegründet habe, und sie mich nämlich auch nicht.

Dann kam nach, ich denke zwei Jahren oder so, mal ein Brief von ihr, wo sie geschrieben hat: Du, sag mal, wir verwenden den gleichen Namen. Das könnte insofern problematisch sein, wir fahren eventuell auch auf die gleichen Messen. Damals habe ich mir gedacht: Naja, dann nutze ich die Gelegenheit quasi und mache daraus ein etwas erwachseneres Geschäft als damals, als ich mit Unartig angefangen habe. Das war alles noch so ein bisschen ‚hopperdatschig‘, sagt man in Österreich. Ich weiß nicht, ob man das Wort bei euch kennt?

Nika:                   Nee!

Lena:                   Aus dem Kontext versteht man es wahrscheinlich.

Nika:                   Ja, genau.

Lena:                   Dann ist eben ‚Penumbra‘ entstanden. Penumbra ist das lateinische Wort für Halbschatten, was ich irgendwie ganz schön fand in dem Kontext.

Nika:                   Toll. Das ist ja ein schöner Name.

Lena:                   Lustiger Weise habe ich die Dame von Unartig jetzt vor ungefähr einem Jahr getroffen auf der Obscene in Stuttgart. Wir haben Hallo gesagt. Es war echt total amüsant, sich mal live zu sehen.

Nika:                   Ja, das glaube ich. Schön. Ja siehst du. So findet sich alles irgendwie zusammen. Hat alles seinen Grund. Wunderbar. Penumbra – schöner Name.

Lena:                   Vielen Dank.

Nika:                   Ich habe nämlich auch gesehen – ich habe so ein bisschen auf deiner Seite gestöbert! Da ist ja noch was ganz besonderes, was ich da gefunden habe. Denn du arbeitest ja mit unterschiedlichen Materialien. Sprich, du arbeitest klassisch mit Leder, aber auch mit anderen, freundlicheren Materialien.

Lena:                   Ja, genau. Darauf, muss ich ehrlich sagen, bin ich schon ein bisschen stolz. Wir haben ganz, ganz lange gesucht. Ich habe schon früher ganz viele Anschriften gekriegt von Leuten, die vegan leben.  Die haben gesagt: Komm, naja, ich mag deine Designs total gerne, aber ich bin halt Veganer/Veganerin. Ich kann die nicht tragen, wenn die aus Leder sind. Und es war irrsinnig schwer, eine gute Leder-Alternative zu finden, mit der ich halt auch zufrieden war, und mit der ich all die Sachen machen kann, die ich mit Leder auch machen kann.

Nika:                   Wahnsinn. Jetzt sind das Obstabfälle oder so, ne? Habe ich das richtig gelesen?

Lena:                   Genau, richtig. Das ist ein Material, das wird aus den Abfällen der Apfel-Industrie gemacht. Ich mag einerseits halt diesen Recycling-Gedanken daran total gerne, weil das Sachen sind, die sonst einfach weggeworfen werden. Die werden dann aufgearbeitet und eben in diesen Lederersatz verarbeitet. Andererseits ist es halt eine Nicht-Leder-Alternative, die aber von der Stabilität her super ist, die sich gut angreift, die sich super verarbeiten lässt. Es ist eben nicht dieses klassische Plastik.

Nika:                   Ich konnte das ja jetzt noch nicht so ausprobieren wegen Corona und so’n Gedöns. Aber ich hab’s ja anfassen dürfen. Ich hätte nicht gedacht, dass es kein Leder ist. Hammer. Ich bin begeistert und wusste auch gar nicht, dass es sowas gibt. Ich kann mir das auch irgendwie gar nicht vorstellen, wie man aus Apfelresten sowas machen kann. Das ist echt der Hammer.

Lena:                   Wie genau das funktioniert weiß ich auch nicht, aber ich bin zufrieden mit dem Ergebnis.

Nika:                   Das ist doch wunderbar. Das ist mir gerade mal so aufgefallen, weil du sagst, du hattest mal Hochzeitskleider gemacht, willst du dein Unternehmen ausbauen und Fetisch-Hochzeitskleider machen? Oder wie ist dein Plan?

Lena:                   Ich fände das super, super cool. Ich habe nur die Befürchtung, dass mir irgendwann die Zeit ausgehen wird. Penumbra ist halt ein ‚Eineinhalb Mann‘-Betrieb. Ich mache das quasi hauptberuflich, und ich habe halt einen Partner, der mehr oder weniger manchmal mitziehen und mir helfen muss. Das ist halt so, wenn man zusammen ist. Müssen ist jetzt zu viel gesagt, aber er macht halt manche Sachen einfach, oder übernimmt manche Arbeiten für mich, wenn er gerade Zeit hat. Das ist ganz cool. Gerade Kleider brauchen unglaublich viel Zeit. Ich hätte dann Angst, dass ich für die ganzen normalen Sachen, Fesseln, Manschetten usw., kaum mehr Zeit hätte und sich das alles irgendwie nicht mehr ausgeht.

Nika:                   Das heißt, was machst du gerade für Sachen?

Lena:                   Im Moment mache ich eben hauptsächlich Halsbänder und Fesseln. Da habe ich ein relativ großes Standard-Sortiment im Shop. Und ich mache auch ganz, ganz viele Sonderanfertigungen, so wie das Set für dich. Da kommen Leute auf mich zu und sagen: Mmh, ich finde das sonst nirgends. Kannst du mir sowas machen? Oder ich finde halt eine gewisse Farbkombination toll. Können wir das umsetzen? Das sind so meine Hauptarbeitsdinge.

Nika:                   Apropos Farben. Die Farbe, die ich bekommen habe, die ist übrigens ganz, ganz toll. Die ist auch so anders. Ich habe so ein schönes Braun von dir bekommen. Ich bin sowieso so ein Erdtyp. Eigentlich grün. Alles was grün ist, ist sowieso meins. Das Braun, das passt super dazu. Irgendwie habe ich mir schon oft gedacht oder mich gefragt: Warum sind eigentlich so diese dominanten Farben wie schwarz, rot und knallige Sachen irgendwie immer nur da. Deshalb finde ich das ganz toll, dass dieses Braun auch zu deinem Sortiment gehört. Echt schön.

Lena:                   Danke schön. Sie ist auch eine meiner Lieblingsfarben.

Nika:                   Das glaube ich. Ja, und ich habe auch gesehen, du hast Zwangsjacken. Auch schön. Auch die sind so alternativ gemacht, nicht so bullig, nicht so massiv. Die sehen zumindest schön leicht aus.

Lena:                   Die sind auch total cool. Die sind entstanden damals noch mit meinem ersten Freund. Weil er gesagt hat: Ja, mal so Zwangsjacken, das fände er total spannend. Er würde die schon gerne mal ausprobieren, also an mir. Er war der dominante Part in unserer Beziehung. Aber in störte das so, erstens Mal, dass sie vorne komplett geschlossen sind. Dass man da eben nicht mehr zur Brust kommt. Und dass sie eben nicht das Feminine haben, würde ich jetzt einmal sagen. Da ist dann der erste Entwurf für die Zwangsjacken, die ich jetzt herstelle, entstanden. Eben mit Brust frei. An Frauen haben sie ein total cooles Feature. Nämlich sie heben die Brust ein bisschen an. Das heißt, man kriegt ein irrsinnig schönes Dekolleté.

Nika:                   Wie praktisch.

Lena.                   Bei Männern haben Sie halt „nur“ den Vorteil, dass man zu den Brustwarten kommt. Aber für Frauen macht es halt nochmal zusätzlich was her. Das ist echt ganz cool. Sie sind auch ganz leicht gefüttert, damit sie angenehm zu tragen sind. Ich mag die schon echt gerne.

Nika:                   Ja, glaube ich. Wir könnten jetzt noch Stunden über Penumbra sprechen. Ich finde es echt eine super tolle Idee. Liebe Leute, wie gesagt, ich kann es euch nur empfehlen. Guckt da mal rein. Das ist echt eine gute Sache. Wenn ihr dann was bestellt, bestellt ihr liebe Grüße. Aber wir möchten ja auch ein bisschen was über dich erfahren. Wenn das in Ordnung für dich ist. Du hast ja gerade schon angefangen. Denn das ist ja auch immer spannend, den Weg dahin zu erfahren. Du hast ja gerade schon gesagt, du hast schon ein bisschen länger auch Kontakt mit diesem Thema BDSM. Du warst in einer Beziehung mal der devote Part. Erzähl doch gerne mal: Wie bist du denn zu BDSM gekommen als Person?

Lena:                   Ja, also, ich denke, das war eigentlich ein recht klassischer Weg übers Internet. Ich habe in meiner Jugend schon immer wieder, ich will jetzt mal sagen, Fantasien gehabt, die irgendwie mit BDSM zu tun hatten, ohne sie damals wirklich einordnen zu können. Das war halt einfach so. Da habe ich mir auch gar nicht so viele Gedanken drüber gemacht, dass mich eine gewisse Form von Dominanz sehr anzieht. Irgendwann habe ich dann begonnen, Geschichten zu lesen. Ich habe mit Pornos nie so viel anfangen können. Deshalb war das bei mir eher so der Weg über Geschichten.

Ich bin dort dann eben auch über BDSM-Geschichten gestolpert. Da habe ich dann plötzlich gewusst: Aha, alles klar. Ich habe wohl eine Vorliebe. Schau an, schau an. Am Anfang bin ich damit gar nicht so gut zurechtgekommen, muss ich sagen. Ich habe mir halt gedacht: Bor, das darf man nicht. Das macht man nicht. Wie soll ich das nur irgendjemand anderem erzählen. Die glauben ja alle, ich bin blöd. Ich habe mich dann, ich würde sagen im Stillen, ein bisschen damit beschäftigt und Dinge dazu gelesen. Ich habe auch herausgefunden, dass es in meiner Heimatstadt Graz Stammtische gibt. Aber ich hätte mich nie getraut, hinzugehen. Ich war damals unglaublich schüchtern. Und dieses ganze BDSM-Thema war für mich total gruselig, weil: Das macht man nicht. Darüber redet man nicht. Und so weiter, und so fort.

Dann habe meinen damaligen, eben ersten, ich sage jetzt richtigen, Freund kennengelernt, der halt auch diese Vorlieben hatte. Das war sehr praktisch. Er hatte nicht so Probleme, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Er war auch vor mir schon mal auf Stammtischen und hat gesagt: Na komm, wir gehen da jetzt mal hin. Wir schauen uns das gemeinsam an. Ab dem Zeitpunkt war es für mich auch total okay. Man hat halt Leute getroffen, die die gleichen Neigungen haben, die auch ganz normal sind. Das hat dann bei mir eigentlich total schnell klick gemacht, dass ich gesagt habe: Aha, gut, das ist wohl doch nicht so seltsam. Ich habe dann auch eigentlich relativ schnell die Leitung von dem Stammtisch in Graz übernommen. Das war eben ein SMJG-Stammtisch damals.

Nika:                   Ein was für einer?

Lena:                   Ein SMJG. Hast du schon mal mit der SMJG zu tun gehabt?

Nika:                   Nee, aber ich hab ja schon ein Interview geführt mit Matthias. Der hat mir auch über Stammtische erzählt. Da hat er auch als Beispiel so einen Stammtisch genommen. Aber ich selber war noch bei keinem.

Lena:                   Also die SMJG nur ganz kurz: Das ist ein deutscher Jugendverband, der auch ganz viele BDSM-Stammtische quasi ausrichtet oder unter deren Deckmantel man das halt machen kann. Das ist für alle Leute bis 27. Das heißt, sogar das Einsteigen als Junger ist total cool, weil man halt hinkommt in einen sehr sicheren Raum. Die Leute sind in deinem Alter und haben ungefähr die gleichen Probleme wie du. Das war damals für mich ein super cooler Einstieg.

Da bin auch sehr dankbar, dass ich eigentlich die Orga-Rolle übernehmen durfte, als eine unserer Orgas ausgewandert und eine andere einfach zu alt geworden ist. Von da an habe ich einfach immer mehr Erfahrungen gemacht, würde ich sagen. Dadurch eben, dass ich da die Dinge organisiert habe. Ich habe dann angefangen, bei uns in Graz auch Workshops zu organisieren, z.B. bei Fesseltreffen die Leitung zu übernehmen. Es ist halt auch im Privaten dann immer größer geworden.

Nika:                   Du hast vorhin gesagt hast, irgendwann hast du das mal so gemerkt bei dir. Kannst du dir das mittlerweile erklären, wo das herkam, diese erste Idee? Da ist BDSM! Da ist irgendwas, was mich daran interessiert!

Lena:                   Nicht wirklich. Ich habe da auch nicht so den Drang, genau zu wissen, wo das herkommt, muss ich sagen. Es ist halt eine Vorliebe. Keine Ahnung. So wie ich Schokolade mag, so mag ich halt auch BDSM. Ich weiß nicht, ob das irgendwie Sinn macht.

Nika:                   Ich finde das gerade bei Frauen so interessant. Du hast ja auch schon durchblicken lassen, dass du am Anfang auch Probleme damit hattest. Hast das selber nicht annehmen können. Du wolltest es wegdrängen, weil: Das macht man ja nicht. Das ja irgendwie was Fieses. Das habe ich jetzt mittlerweile schon feststellen können, dass gerade Frauen diese Herausforderung mit sich selber haben. Kannst du dir vorstellen, wo das herkommt? Warum viele das im ersten Schritt mit irgendwas Negativem verbinden?

Lena:                   Ich glaube, dass das nicht nur ein Frauenproblem ist. Ich glaube, Frauen reden einfach offener drüber. Es kamen auch schon genug Männer, mit denen ich gesprochen habe. Die haben gesagt: Ja, bor, am Anfang, wenn du halt drüber nachdenkst, eine Frau zu schlagen, nur zum Spaß, puh! Das darf man ja nicht. Die dürften das gleiche Problem haben. Aber ich denke, die Problematik ist einfach eine rein gesellschaftliche. Sexualität ist was, was man glaube ich, wenn man in der Szene aktiv ist oder halt mit Leuten aus der Szene redet, relativ gerne dann auch vergisst mit der Zeit.

Das ist bei uns sehr üblich ist, einfach über Sexualität und über eben das Spiel sehr offen zu reden. Aber andere Leute machen das einfach nicht. Das heißt, man wächst auch damit auf, nicht drüber zu reden. Deshalb, alles, was so außerhalb der Norm von ‚Missionarsstellung‘ und ‚Licht aus‘ ist, darüber spricht man halt nicht. Das heißt, man kann auch keinen wirklich normalen Bezug zu eben Themen wie BDSM entwickeln. Wie denn auch, wenn nicht drüber geredet wird?

Nika:                   Wenn keiner drüber redet, dann macht jeder seins. So finden sich ja dann die Grüppchen zusammen, auf Stammtischen und Co. Das ist ja echt immer spannend. Okay. Wie lebst du das mittlerweile aus? Wie hat sich das dann so weiterentwickelt?

Lena:                   Mittlerweile bin ich in einer 24/7-D/S-Beziehung mit meinem jetzigen Partner. Dazwischen gab es natürlich andere Partnerschaften, andere Erlebnisse, die mir auch recht klar gezeigt haben, was ich eigentlich aus meinem BDSM herausholen will und was ich davon haben will. Wir leben das miteinander aus. Er ist der dominante Part und ich bin der submissive Part. Wir haben daraus ein für uns funktionierendes, sehr permanentes Setting gemacht.

Nika:                   Kannst du das kurz erklären für Menschen, die jetzt noch nicht so den Bezug dazu haben. 24/7 hast du gesagt. Wie lebt ihr das dann aus?

Lena:                   Also für uns ist es einfach so – puh, wie erklärt man das denn gut, ohne das jetzt ewig lange hören zu lassen.

Nika:                   Erklär ruhig in Gänze. Ich glaube, das interessiert auch viele. Ich glaube, viele wissen nicht, wie man sich sowas vorstellen kann, 24/7 wirklich komplett. Die meisten verbinden das eher wirklich mit zeitbegrenztem Spiel, in Form von eins, zwei, drei Stunden Session. Ich glaube, das ist für viele interessant, wenn man sich entscheidet, das komplett zu leben. Daher hol gerne aus!

Lena:                   Okay. Ich meine, alles was ich jetzt erkläre, ist halt unsere Art, das zu leben. Es gibt so viele verschiedene Arten, auch 24/7 zu machen. Aber wie wir das handhaben, ist eben, dass wir uns dazu entschlossen haben, dass wir ein permanentes Machtgefälle haben. Das heißt, im Zweifelsfall hat schon mal mein Partner immer das letzte Wort. Das heißt nicht, dass ich nie was sagen darf oder nie was entscheiden darf. Wir führen schon ein sehr alltagstaugliches Leben miteinander. Ich meine, ich führe ein Geschäft.

Es geht auch nicht anders. Aber ja, er ist einfach der, der das letzte Wort bei uns hat. Ich kann zwar meine Meinung immer vorbringen, aber ja … Und dann gibt es bei uns einfach gewisse Regeln, die wir in den Alltag eingebaut haben. Das sind Dinge, die sich bei uns in den normalen Tagesablauf selbst gut integrieren lassen. Weil wir auch gesagt haben, wenn das für uns eine Lebensweise sein soll, dann müssen das Dinge sein, die unseren Alltag nicht erschweren, sondern halt spannender, schöner und für uns cooler machen.

Nika:                   Okay, jetzt brauchen wir Beispiele.

Lena:                   Genau. Das fängt damit an, ich weck ihn in der Früh auf. Ich bin eher eine Frühaufsteherin, und er nicht so. Das heißt, ich komme ihn oft wecken, mache ihm dann seinen Kaffee. Ich serviere ihm den Kaffee dann auf den Knien, wenn er am Tisch sitzt. Ich darf mein Frühstück nicht am Tisch essen. Also das mache ich am Boden, vor ihm sitzend. So beginnen wir unseren Tag eigentlich immer. Dann gibt’s noch so ein paar andere Dinge, die ich zu beachten habe. Ich habe am Anfang unserer Beziehung ein Fußband von ihm bekommen.

Das ist angenietet. Das kann ich deshalb auch nicht abnehmen. Und das habe ich immer offen zu tragen. Da muss ich einfach das Hosenbein auf der linken Seite soweit aufstricken, dass man eben dieses Fußband immer sehen kann. Das ist so eine total nette Erinnerung für uns beide, auch noch immer nach einigen Monaten, die ich das schon trage. Immer wenn man das anschaut, wird man irgendwie happy, weil man sieht, was einen verbindet.

Nika:                   Das hört man sogar schon durch deine Worte, wie glücklich du damit bist. Das mir so nebenbei. Das ist total schön.

Lena:                   Oh, schön. Das freut mich. Ja, das ist so eine unserer Regeln. Dann, ich muss drüber nachdenken, das ist alles so normal geworden. Ja, ich muss ihn fragen, bevor ich Schokolade oder Süßigkeiten esse. Das darf ich nicht einfach so.

Nika:                   Warum genau Süßigkeiten? Beschränkt sich das nur auf Süßigkeiten? Oder warum Schokolade?

Lena:                   Ach so. Ja, bei uns beschränkt sich das auf Süßigkeiten, obwohl, das hat einen ganz einfachen Grund. Nämlich ich bin eigentlich ein sehr disziplinierter Mensch, es hört nur bei Schokolade total auf.

Nika:                   Okay, ich glaube, das Leid teilen viele mit dir.

Lena:                   Ja. Wenn ich dann anfange, so eine Tafel zu essen, dass esse ich die auch einfach auf. Auch wenn ich keine Lust mehr drauf habe. Das ist eigentlich für mich total blöd gewesen, weil ich da keinen guten Regulierungsmechanismus anscheinend in mir habe. Dann haben wir zu zweit halt eine Lösung dafür gefunden. Das klingt für manche total lästig, aber es ist in Wahrheit richtig, richtig schön für mich. Jetzt kriege ich so am Abend ab und an mal ein Stück richtig gute Schokolade, und die kann ich dann wirklich genießen, weil ich weiß, es ist halt dieses eine Stück und nicht: Ach, ich kann nachher eh noch eine Rippe essen, noch eine, noch eine.

Also in Wahrheit, auch wenn es manchmal öd ist, weil ich dann denke: Rrr, ich hätte so gerne irgendwie ein Stück Schokokuchen. Es ist irgendwie eine coole Regel, weil man die Sachen mehr wertschätzt. Für mich ist es das halt.

Nika:                   Für mich klingt das total interessant in Form von: Hast du das Gefühl, dass du dadurch auch durch diese 24/7-Beziehung bewusster mit dir bist?

Lena:                   In mancher Hinsicht auf jeden Fall, ja.

Nika:                   Bei Schokolade auf jeden Fall!

Lena:                   Genauso ist es. Ich kriege dadurch in manchen Sachen eine Struktur, die ich vorher zwar auch hatte, aber sie nicht so bewusst wahrgenommen habe. Zum Beispiel versuche ich, zweimal die Woche Laufen zu gehen. Das ist einfach mir selber wichtig, weil es halt gesund ist. Bewegung, und ich bin gerne an der frischen Luft. Es hat aber Momente gegeben, da habe ich dann einfach keine Zeit gehabt, keinen Kopf gehabt. Dann habe ich es halt sein lassen und mich dabei aber nicht so gut gefühlt. Und irgendwann haben wir gesagt: Dann machen wir daraus eine Regel. Wir etablieren das. Ich musste einmal die Woche Laufen gehen. Sonst passieren schlimme Dinge.

Damit lebe ich auch das irgendwie bewusster und mache mir viel mehr Gedanken drum, wie kann ich meine Woche so arrangieren, dass sich das gut ausgeht, dass ich für alles Zeit habe. Ich würde schon sagen, dass ich grundsätzlich ein recht organisierter Mensch bin, wenn es eben um Arbeit und solche Sachen geht. Aber nachdem mein Partner ein unglaublicher Organisationsfreak ist, helfen mir da auch gewisse Dinge, die wir dann etablieren, meinen Tag, meine Woche noch geregelter zu gestalten und in Wahrheit mehr Entspannung zu haben als sonst.

Nika:                   Kannst du dir vorstellen, dass der eine oder andere jetzt so reagiert nach dem Motto: Das ist nicht gesund. Die lebt nicht ihr Leben. Die macht irgendwas Fremdbestimmtes.

Lena:                   Ja, natürlich. Ich kann mir vorstellen, dass sich das so anhört und kann versuchen zu erklären, warum das nicht so ist. Es ist ja nicht so, dass ich Dinge machen muss, nur weil mein Partner sie von mir will.

Fortsetzung folgt…;)

Ein paar Schlagwörter

Warum macht sie das?

  • aktuell: BDSM greifbarer machen
  • Ermutigen auch einen Blick über euren Tellerrand zu wagen

Wie macht sie das?

  • Ausbruch - neue/alternative Wege gehen
  • Motivation und Inspiration durch Menschen, Momente und nimmersatte Neugierde

Womit macht sie das?

  • Mit Geschichten aus dem wahren Leben.
  • Mit eigener Erfahrung, die sie euch zu Nutze macht.
  • Mit knallharter Wahrheit und derzeit jeder Menge Fakten über die schwarz-bunte Welt der BDSM Szene