#102 Leben mit der Zeit bis zum Tod – danke, Papa

Vielleicht hast du dich schon gewundert, warum eine ganze Zeit lang nichts von mir kam. Und der Titel dieser Folge wird dich wahrscheinlich auch etwas verwirrt haben, weil der ja schon ein bisschen anders ist als die anderen, außer damals Folge 25 – Mama, Papa, ich bin Domina. Bei der hat man sich ja auch gefragt: Okay? Was kommt jetzt? Diese Folge heute – ich kann dir überhaupt nicht sagen, wie das werden wird. Ich habe mich jetzt dazu entschlossen, das heute aufzunehmen. Ob das der richtige Zeitpunkt war, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht, wie ich jetzt durch diese Folge kommen werde. Du merkst, meine Stimme ist schon ein bisschen zittrig. Ich versuche, das so neutral wie möglich darzustellen. Neutral vielleicht auch gar nicht. Vielleicht ist es jetzt einfach der richtige Zeitpunkt, dir zu zeigen, dass da jetzt auch eine Person hinter steckt, hinter der ganzen Nika Macht!

Es ist jetzt schon ein bisschen her, dass ich eine Podcast-Folge aufgenommen habe. Das hat verschiedene Gründe. Die ersten Gründe sind eigentlich total schön, weil ich mir ja im Februar überlegt habe, auch mit Youtube anzufangen. Von den Youtube-Videos sind auch schon ein paar veröffentlicht worden. Die kommen auch sehr gut an. Das finde ich mega. An der Stelle vielen Dank an die Leute, die mir da auch folgen. Auch TikTok Ich habe just heute meine 20.000 Follower erreicht. Das ist auch mega schön. Auch da werden regelmäßig Videos hochgeladen. Also wenn du mich da auch unterstützen willst, sehr, sehr gerne.

Da würde ich mich riesig freuen. Das ist alles im Februar passiert. Das war so ein Moment, wo ich gedacht habe: Naja, vielleicht ist dann jetzt auch an der Zeit, mich erstmal darauf zu konzentrieren. Wie das immer so ist. Man will ja alles machen, man will auf verschiedenen Hochzeiten tanzen und so viel Inhalt wie möglich bieten. Viele fragen mich auch Dinge, die ich dann beantworten möchte in Form von Youtube-Videos oder auch von Postings auf Instagram, da mit die Leute eben auch so einen großen Einblick wie möglich in diese Welt bekommen, in der ich mich befinde. Aber wie das dann so ist. Manches bleibt auf der Strecke. Die ganze Zeit über war das so: Ich habe Vieles gemacht. Ich habe viele Projekte gemacht.

Ich bin auch sehr froh, dass das alles so gekommen ist. Corona sei Dank tatsächlich. Ich konnte die Corona-Zeit für mich gut nutzen, auch um ein Buch zu schreiben. Das habe ich ja schon öfter erzählt. Aber eben auch, um solche Projekte wie Youtube zu starten, der Auftritt bei ‚Gedanken tanken‘, und so. Alles war sehr schön. Es war viel los. Wenn Corona mir irgendwas gezeigt oder geschenkt hat, dann war es der Faktor Zeit. Und auf den Faktor möchte ich heute auch genauer eingehen.

Es ist tatsächlich dann doch so, dass das Leben manchmal einen vor Herausforderungen stellt. Es fängt schon an. (Ich weine). Auch das wird jetzt wahrscheinlich noch ein paarmal öfter passieren, dass ich kurz weinen muss. Es gibt eben einen Menschen, der von mir gegangen ist, der mein Leben sehr, sehr geprägt hat, und der an sich durch seine unfassbar schöne Art und Weise zu leben mir vieles gezeigt hat, was ich heute auch mit dir teilen möchte. Der Faktor Zeit ist ihm leider nicht so gegönnt gewesen.

Deshalb möchte ich heute darüber sprechen, wie das für mich war, die letzten Wochen, bis mein Vater vor zwei Wochen gestorben ist. Ich habe erst überlegt, ob ich das schon hinkriege. Aber mir ist es halt auch wichtig, dass du weißt, warum ich jetzt auch länger nichts gepostet habe. Das war keine plötzliche Geschichte mit Papa, sondern die ganzen Schritte, die ich dir vorhin genannt habe, wurden begleitet von Papas Krankheit. Er hatte 12 Jahre lang zu kämpfen mit Krebs, mit verschiedenen Arten von Krebs. Die ganzen Jahre über hat mein Vater mich immer, und immer, und immer unterstützt.

Selbst als ich ihnen gesagt habe, dass ich Domina bin,  hört euch die Folge gerne an, die ist auch sehr tränenreich, bzw. da ist es wohl schlauer, wenn du die Folge danach hörst.  Dort erzähl ich, wie die reagiert haben. U. a. war mein Vater derjenige, der mega stolz auf mich war und gesagt hat: „Das ist eine gute Sache, die du tust. Mach das so, wie du das meinst! Ich stehe hinter dir.“ Deshalb ist es für mich ein bisschen komisch jetzt noch, das alles ohne ihn weitermachen zu müssen. Aber nichts desto trotz weiß ich auch, dass er jetzt gerade hier dabei ist und mir sagen würde, dass ich das machen soll. So wie er damals gesagt hat: „Maus, hau rein.“ So würde er das jetzt auch sagen. Deswegen habe ich mich jetzt dazu entschieden, die Podcast-Folge zu machen.

Wie gesagt, auf der einen Seite, um dir deutlich zu machen, warum es in letzter Zeit ein bisschen weniger gewesen ist. Klar, ich hatte viele Projekte, aber die letzten Wochen waren sehr prägend für mich. Natürlich, jeder, der das kennt, dass ein Mensch langsam aber sicher seinem Krebsleiden erliegt, der kann nachvollziehen, wie zehrend das einfach ist. Wenn man das dann zwölf Jahre mitmacht, da geht wirklich auf viele Weisen an seine Grenzen. Aber mein Vater hat mich immer wieder motiviert, weiterzumachen. Deswegen möchte ich ihm heute auch diese Folge widmen. Ich habe ihm Vieles zu verdanken, allein schon, wie ich mein Leben bisher gelebt habe, und was er mir alles mitgegeben hat.

Eine Sache möchte ich auf jeden Fall mit dir teilen, die mein Vater mir auch mitgegeben hat, die so wichtig ist, und die so viele Menschen mittlerweile leider vergessen. Es ist dieser Faktor Zeit. Ich habe das mal gegoogelt. Das mache ich ja in manchen Podcast-Folgen, wo ich mich frage nach der Definition irgendwelcher Dinge. Es ist ja oft so, dass Menschen den Faktor Zeit gar nicht zu schätzen wissen. Wir gehen immer davon aus, dass wir unfassbar viel Zeit haben, und wir warten sozusagen nur darauf, dass irgendwann sterben werden. Viele Menschen sagen: Das Leben endet mit dem Tod. Womit man auch Recht hat. Aber es ist eben ein Unterschied, was man in der Zwischenzeit so macht. Da habe ich mal gegoogelt und mich gefragt: Was ist denn die Definition von ‚Warten‘? Ich fand ganz cool, was da stand.

Zitat: ‚Dem Eintreffen etwas oder jemandem entgegensehen, wobei einem oft die Zeit besonders langsam zu vergehen scheint.‘ Also man wartet auf etwas, was eintreten wird, aber nutzt die Zeit in der Zwischenzeit nicht. Und die Zeit kommt einem dann oft so lang vor. Man denkt immer: Bor! Ich weiß gar nicht, wie der Durchschnitt mittlerweile ist. Bei Frauen, glaube ich, 86 Jahre oder 84? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall hat man ja gefühlt – ‚gefühlt‘ – sehr viel Zeit, und am Ende ist es dann oft so, dass die Leute im Sterbebett liegen und sagen: Bor, hätte ich noch mal …

Und jetzt kommen wir wieder zu meinem Vater. Mein Vater hat das überhaupt nicht gemacht. Das war den Umständen entsprechend so krass zu beobachten, wie dieser Mann einfach mit seinem Leben umgegangen ist. Auch in seinen letzten Tagen, wie das für ihn so war, was er mir selbst da noch mitgegeben hat. Unabhängig davon, dass es mein Vater ist. Der ist so unfassbar stark gewesen. Zuletzt war er zwar zuhause, aber davor war er im Krankenhaus. Man muss sich das vorstellen, dass er selbst da, in seinem Befinden, in seiner Situation, immer noch es geschafft hat, meine Mutter, meine Schwester mit ihrer Familie und mich abzuholen und zu sagen: Es ist alles gut. Es war so.

Er musste irgendwann ins Krankenhaus und hatte dort ein Doppelzimmer bis er irgendwann einen Fieberkrampf bekam. Er rief mich am nächsten Morgen an und sagte: „Ani, ich hab jetzt ein Einzelzimmer!“ Während ich das dann gecheckt habe, was Einzelzimmer in dem Moment bedeutet – wie er das rübergebracht hat. Er meinte: „Ja, ich habe jetzt ein Einzelzimmer. Ist das nicht toll?“ Klar wollte er mich damit abholen und wollte mir sagen, dass er das jetzt realisiert hat, was das bedeutet.

Aber er hat nicht einmal irgendwie gelitten. Gelitten schon, klar, aber er hat nie gesagt: „Ich will das alles nicht!“ Er hat immer zu mir gesagt, er vertraut der Zeit und er vertraut Gott. Er war ein sehr gläubiger Mensch. Was oder wer auch immer Gott für jemanden ist. Das ist  ja immer sehr subjektiv zu sehen. Aber er hat so unfassbares Vertrauen gehabt darin, dass das alles richtig ist, was da passiert. Er kam dann doch noch nach Hause, um seine letzten Tage zu erleben. Da hat er sogar noch zu mir gesagt: „Hör mal, vielleicht sollten wir dann doch nochmal eine Podcast-Folge aufnehmen. Vielleicht habe ich ja den Menschen noch was zu sagen.“ Das fand ich so schön.

Das Schicksal sollte es dann anders mit uns meinen. Es hat dann nicht mehr funktioniert mit der Folge. Aber deswegen habe ich mir jetzt überlegt, ich übernehme das einfach für ihn. Für ihn war das auch wichtig, dass er von der jetzigen weltlichen Welt geht und den Menschen mitgibt, dass es so wichtig ist, dass während man lebt, man auch wirklich lebt. Deswegen habe ich auch die Definition von Zeit mal gegoogelt, weil ich eben wissen wollte: Was bedeutet Zeit denn eigentlich.

Und grundsätzlich bedeutet das, Zitat: Die Aufeinanderfolge von Augenblicken und Momenten. Das fand ich sehr, sehr schön, weil mein Vater auch das unfassbar krass gelebt hat. Er hat in so vielen Momenten einfach gelebt und sich nicht Gedanken darüber gemacht: Was ist wenn … Als er die Diagnose gekriegt hat, dass er Krebs hat – er hat nicht überlegt: Wie lange habe ich denn dann jetzt noch? Sondern er hat immer zu uns gesagt: „Dann ist es jetzt so.

Aber jetzt bin ich ja noch da.“ Vielleicht ist es auch das, was mich die ganzen letzten Jahre durch diese ganzen Herausforderungen gebracht hat. Mein Vater hat immer gesagt: „Leb halt einfach in dem Moment jetzt.“ Ich habe erst überlegt, ob ich meine Gäste oder Menschen, die in der BDSM-Szene unterwegs sind, nennen soll. Auch da wieder! Da kommt dann: Du kannst doch jetzt hier nicht mit BDSM anfangen. Doch, kann ich! Genau das ist das, was mein Vater gesagt hätte. Es ist egal, in welchem Umfeld man sich befindet. Es geht immer darum, dass jeder Einzelne seine Zeit lebt oder auslebt, wie er oder sie möchte.

Ich kann diese Vergleiche eben jetzt ziehen. Es ist ja immer das, was meine Gäste und ich ‚er’schaffen oder schaffen – im Coaching oder irgendwelchen Workshops. Es sind Momente, die man schafft. Wir Menschen sind oft so damit beschäftigt, selber zu hinterfragen: Kann ich das jetzt überhaupt tun? Was ist wenn? Hätte und Könnte? Schon ist der Moment wieder vertan.

Dann ist es ja genau so, worunter so viele Menschen leiden. Am Ende des Lebens sitzen oder liegen sie da und denken: Hätte ich diesen einen Moment mal gelebt. Wenn ich mir jetzt so vorstelle, wie viele Momente mein Vater einfach gelebt hat, das ist unfassbar. (Ich muss wieder weinen!) Wie du siehst, es fällt mir ein bisschen schwer, aber ich möchte diese Folge auch genauso unverblümt aufnehmen, weil das jetzt auch dieser Moment ist, den ich einfach nutzen möchte, um dir zu zeigen, dass es jetzt auch in Ordnung ist, dass ich weine. Ich bin seine Tochter!

Es hat ja auch seinen Grund, warum ich in letzter Zeit so still war. Zumindest im Podcast. Jetzt muss ich sagen, sitze ich gerade in meinem Schlafzimmer, und es fühlt sich gut an, darüber zu sprechen. Auch wenn ich auf Fotos gucke, die mich immer mit ihm verbinden. Ich muss sagen, das ist jetzt ganz persönlich, ich bin so ein Typ. Ich kämpfe halt dagegen an und habe die letzten Wochen auch gefühlt mich sehr viel abgelenkt und immer gedacht: Ja, das gehört ja dazu.

Mein Vater hat mir auch mitgegeben, dass das Leben weitergeht. Diese Floskeln, die man dann so ausspricht. Ja, es sind Floskeln. Aber irgendwie es ja trotzdem richtig. ‚Floskeln‘ ist ja auch so ein behaftetes Wort. Ich habe es nur zu exzessiv gemacht. Gestern habe ich dann die Quittung dafür gekriegt. Als ich gestern Fußball geguckt habe, kam mir das mit voller Wucht entgegen, wie unsinnig es ist, wenn man Dinge vor sich herschiebt bzw. wegschiebt – diese Momente wegschiebt.

Diese Momente, die man hat, wenn man kurz weinen müsste, aber dann sagt: Nee, komm, das kannst du jetzt nicht machen. Passt gerade nicht. Gestern konnte ich dann eben nicht mehr, weil ich öfter mit meinem Vater zusammen Fußball geguckt habe. Und gestern konnte ich auch gar nicht anders, als dass alles über mir zusammenbricht. Vielleicht musste es jetzt so sein, dass auch genau deswegen heute die Folge aufnehme. Das war wieder genau ein Beispiel dafür, wie wichtig es ist, die Momente wirklich bewusst wahrzunehmen.

Oder den Moment, in dem man sich gerade befindet wahrzunehmen und dem nachzugehen. Das ist ja auch das, was ich immer in meiner Arbeit versuche, dir nahezubringen. Auch wenn es um irgendwelche Fetische,  Vorlieben  oder irgendwelche Fantasien, Gedanken geht, die in deinem Kopf rumschwirren. Dass man einfach sich dann in dem Moment sagt: Okay, alles andere ist jetzt gerade in dem Moment egal. Ob man auf der Arbeit ist, beim Sport, oder keine Ahnung.

Man müsste in dem Moment einfach durchatmen und sagen: Okay, ich nehme mir jetzt mal den Moment und gehe dem nach. Viele Menschen, die bei mir im Coaching sind, sagen genau das. Sie sagen mir so oft: Bor, ich hatte schon so lange dieses oder jenes Gefühl, diese Fantasie, oder ich würde so gerne aus meiner Zwangsjacke rauskommen. Das ist ja so eine wunderbare Metapher. Aber ich erlaube mir das in dem Moment einfach nicht. Wenn mir dann jemand sagt, dass er seit dreißig Jahren damit beschäftigt, sich aber nie getraut hat, dem nachzugehen, ist es auf der einen Seite mega schön, dass es jetzt soweit sein darf, auf der anderen Seite aber eben so traurig.

Das ist so unfassbar, wie oft wir uns einfach selbst so einen Gedanken nicht erlauben. Das ist doch Wahnsinn. Ich finde es immer mega schön, wenn man da so zusammen sitzt und feststellt: Okay, das ist es jetzt genau. Auf der einen Seite bin ich oft so, dass ich denke: Krass, das ist es jetzt, was so lange nicht raus darf.

Aber für den oder diejenige ist es dann so ein riesen Ding. Auf der anderen Seite habe ich die Menschen, die schon wissen: Okay, das ist so kurios vielleicht für andere. Aber es ist mir einfach scheißegal. Deswegen ist es so schön zu sehen: auf der einen Seite die Menschen, die noch nicht wissen wohin, oder sich das nicht erlauben, was auch immer zu denken und zu fühlen, und auf der anderen Seite immer wieder neuen Menschen zu begegnen, die so sind wie mein Vater. Sie sagen: Ja, ich mache jetzt das, was ich meine, machen zu wollen. Und es ist mir egal, was andere dazu sagen. Mein Vater war auch genau so! Der hat wahrscheinlich auch oft gedacht: Man müsste jetzt vielleicht traurig sein! Aber er hat immer gesagt: Noch bin ich ja da.

Noch nutze ich die Zeit, die ich habe, diese Aufeinanderfolge von Augenblicken, die ich nutzen kann. Ich sehe dem Tod nicht entgegen in der Form, als dass ich mich mit ihm konfrontiere, weil er einfach noch nicht da ist. Das ist so unfassbar krass gewesen. Das hat er von Anfang an gemacht. Und selbst ganz am Ende hat er das auch so gemacht. Ich konnte das nicht von Anfang an so leben. In den zwölf Jahren habe ich auch sehr viel von ihm gelernt. Und genau das habe ich dann auch als Ansporn am Ende genommen, um auch mit dem Podcast anzufangen, mein Buch zu schreiben, und so.

Ich habe mir immer gesagt: Ja, irgendwas ist da ja, was mich motiviert, das zu tun. Also nutze ich jetzt den Moment und mache das einfach. Parallel stand immer mein Vater hinter mir. Obwohl ich immer gedacht habe, der Mensch muss doch so leiden, war er derjenige, der mir immer wieder gesagt hat: Ja, natürlich ist der Schmerz, auch der körperliche Schmerz, der psychische Schmerz, den Krebs mitbringt, der ist da. Aber man muss sich ja nicht demjenigen beugen. Man kann ja trotzdem weitermachen. Es ändert ja nichts daran. Es bleibt ja da. Das ist wie mit dem Thema ‚Denken‘. Denken tun wir alle. Warum denken wir dann nicht positiv?

Gerade wir Menschen sind ja eher immer die, die dann negativ denken. Aber man hat ja immer die Wahl! Natürlich, Papa hat jetzt nicht unbedingt die Wahl zu sagen: Ich möchte aber noch weiterleben. Aber anstatt zu sagen: Ich bin jetzt tief traurig, und ich sieche dahin! – hat er die Situation angenommen. Es ist ja so eine Sache, die muss man annehmen und akzeptieren. Dann kann man aber damit weitermachen. Mein Vater hatte die Wahl. Entweder, er siecht dahin, oder er nutzt die Zeit, die er noch hat, um noch Dinge zu tun.

Das ist das nächste Thema. Viele Menschen haben, wenn es um den Tod geht, den Wunsch oder den Drang zu sagen: Ich muss noch das und das machen. Ich muss noch einmal ans Meer fahren – der Klassiker. Ja! Das ist sicherlich wichtig für die Menschen. Interessanterweise, dadurch dass Papa so war wie er war, hatte ich das nicht. Wir hatten nie irgendwie das Gefühl.

Das habe ich ihm auch gesagt. „Papa, ich weiß nicht. Ich habe nicht das Bedürfnis oder Gefühl, irgendwas sagen zu müssen oder was sagen zu müssen.“ Mein Vater hat auch immer gesagt, dass wir da sehr offen mit umgehen können. Wir saßen nachher auch alle in seinem ‚Einzelzimmer‘ im Krankenhaus zusammen und haben einfach offen darüber gesprochen, was jetzt passieren wird. Was wir machen und wie wir weitermachen. Da waren aber diese weltlichen Dinge – das und das müssen wir noch regeln, Versicherungen, keine Ahnung – das war einfach alles vollkommen egal, weil sich das alles regeln wird. Da ging es wieder darum, den Moment zu schaffen, den Moment, als wir da alle saßen, dass wir beieinander sitzen, dass wir einfach uns haben.

Deswegen – warum mache ich diese Folge jetzt gerade? Wie gesagt, auf der einen Seite – klar – um dir mitzugeben, warum es ruhig geworden ist um mich in letzter Zeit. Aber auf der anderen Seite möchte ich dir so gerne das mitgeben, was mein Vater mir mitgegeben hat, dass es so wichtig ist zu leben, während man hier ist. Und nicht auf den Tod zu warten. Es ist einfach so wichtig, das zu tun, was man möchte in seinem Leben. Es ist egal, was andere davon halten oder halten könnten. Eventualitäten, die irgendwie eintreten könnten – ja – es kann aber auch alles ganz anders werden. Zum Beispiel wie Situationen auch positive Dinge haben können. Natürlich ist das jetzt ein riesengroßer Verlust für mich, und ich bin auch, wie du merkst, sehr, sehr traurig.

Ich weine sehr oft. Aber es hat auch den positiven Effekt, dass mein Vater jetzt glücklich ist. Er hat keine Schmerzen mehr. Ich habe ihn gesehen, als seine Seele weitergegangen ist. Und er war so glücklich. Er hat selbst da mir noch dieses Gefühl gegeben: Es ist jetzt alles in Ordnung. In der Zeit ist meine Familie sehr nahe zueinander gerückt. Auch da kann ich dir mitgeben: Egal, ob es deine Eltern sind oder deine Bezugsperson. Auch da ist es so wichtig, die Momente zu genießen, die man hat und die man zusammen erschafft. Immer dieses Halbherzige einfach mal wieder sein zu lassen.

Etwas sein zu lassen und sein zu lassen. Sein zu lassen in Form von, dass man mal anfängt, wieder die Momente zu genießen und aufhört, sich abzulenken. Und zum anderen auch die Momente sein zu lassen, in diesem Moment zu bleiben und zusagen: Ja, egal ob ich das jetzt gerade mit irgendwelchen Menschen habe, die Momente, oder auch mit mir ganz alleine. Es ist wichtig, dass bewusst wahrzunehmen. Gerade jetzt in der Gesellschaft ist es ja oft so, dass meistens die Sozial Media-Geschichten uns davon ablenken, einfach die Momente zu genießen. Das hat mir mein Papa auch gezeigt, wie wichtig es ist, mal wieder im Hier und Jetzt zu sein.

Denn wenn man im Hier und Jetzt ist, kann man auch vielmehr wahrnehmen, wo man sich eigentlich gerade befindet, und wo die Gefühle auch gerade sind. Auch die Gedanken sind oft bei anderen Menschen und anderen Dingen, außer bei sich selbst. Da wären wir wieder im BDSM. Bei dir sein und machen! Das habe ich für mich wirklich erkannt durch die Arbeit, die ich tue. Für mich oder auch mit anderen Menschen im Coaching, in den Sessions, in Workshops, egal wo, das ist immer so ‚im Hier und Jetzt‘ sein, den ‚Momentum‘ schaffen. Das ist immer so schön.

Wie du merkst in dieser Folge: Es ist ein Auf und Ab gerade. Es ist auf der einen Seite sehr, sehr traurig, auf der anderen Seite ist es so unfassbar nah gerade, was alles so passiert, wie ich mich fühle, was ich fühle, wie es dann auch weitergehen darf. An der Stelle habe ich heute zum Beispiel auch gesehen, ich habe 20.000 Follower auf TikTok. Das musst du dir mal vorstellen. Ich kann das gar nicht greifen.

Das ist krass, was da gerade passiert. Danke, danke an die Menschen, die mich da unterstützen und die meine Videos da auch sehen und auf ‚Folgen‘ klicken. Das ist alles so schön, was da passiert. Im Hintergrund sind jetzt neue Pläne da. Wie gesagt, ein neues Buch, da schreibe ich gerade dran. Klar, auch das habe ich jetzt etwas schleifen lassen müssen oder dürfen, weil ich einfach die Priorität gesetzt habe, mit meinem Papa den letzten Weg zu gehen, den letzten Weg hier auf Erden. Ich weiß nicht, wie du so gepolt bist, aber ich bin, wie du aus den anderen Folgen vielleicht schon ab und zu mal bemerkt hast, ich bin halt ein sehr spiritueller Mensch. Das passt immer mal wieder so schön.

Und immer wieder kommen diese Momente, wo man genau weiß: Ja, genau, weil derjenige gerade jetzt nicht mehr auf dieser weltlichen Welt ist, heißt es nicht, dass diese Seele, diese Energie, wie auch immer man das nennen mag, dass die weg ist. Das ist ja auch etwas, das ich jetzt durch meinen Papa, in seinen letzten Momenten mitbekommen habe, was wir teilen durften. Sein letzter Satz war: „Maus, wir sehen uns!“ Das ist es halt, was ich jetzt mitnehme.

Jetzt muss ich noch einmal weinen. Aber mein Papa hatte selbst in seinem letzten Satz Recht. Ja, der Tod trennt halt uns Menschen auf dieser Welt. Aber wir sehen uns irgendwann wieder. Und in dieser Zeit werde ich einfach leben. Das werde ich tun, und ich werde die Momente schaffen, und ich werde dafür sorgen, dass du auch deinen Moment oder deine Momente leben kannst, indem ich mich so zeige, wie ich jetzt gerade bin. Und dir auch zeige, dass es für mich in Ordnung ist, so zu sein, und auch die schwachen Momente mit dir teile. Schwache Momente gehören genauso dazu, wie die starken Momente. Die darf man auch sein lassen.

Denn das ist am Ende das, was mein Vater mir einfach immer wieder gesagt hat: Leben bis zum Tod! Und das im wahrsten Sinne!

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